Pegelmessungen auf den Streit- und Kiefholzwiesen (1999 - 2000) von Dirk Sundermann, Braunschweig
Das Wasser auf unserer Erde ist in einem ständigen Kreislauf und man spricht in
diesem Zusammenhang vom Wasserhaushalt, von besondere Bedeutung sind dabei die
Gewässer (Küstengewässer, Fließgewässer, Stehende Gewässer, Grundwasser). Wichtig
für den Drömling sind die natürlichen Fließgewässer Aller und Ohre sowie die vom
Menschen angelegten stehenden Gewässer (Teiche, Rimpau-Gräben) und der Mittellandkanal,
die auf vielfältige Weise das Grundwasser beeinflussen.
Die Grundwasserstände unterliegen nicht nur naturbedingten Abhängigkeiten, wie
Niederschlägen, Verdunstungen, unterirdischen Abflüssen, sondern werden auch durch
menschliche Einwirkungen - Grundwasserentnahmen, Bebauung, Versiegelung der Oberfläche,
Entwässerungsanlagen und Wiedereinleitungen - stark beeinflusst. Hauptfaktoren bei der
Entnahme sind die Grundwasserförderungen der öffentlichen Wasserversorgung, private
Gewinnungsanlagen und Grundwasserförderung bei Baumaßnahmen. Zur Grundwasserneubildung
tragen hauptsächlich Niederschläge, Uferfiltrat, künstliche Grundwasseranreicherung mit
Oberflächenwasser und Wiedereinleitung von Grundwasser im Zusammenhang mit Baumaßnahmen
bei.
Zu berücksichtigen ist auch, dass es sich im Drömling um ein Niedermoor mit anthropogener
Schichtenfolge (Sanddeck bzw. Sandmischkultur) handelt. Sande und Kiese (rollige Böden)
bilden die Grundwasserleiter, während Tone, Schluffe und Mudden (bindige Böden)
Grundwasserhemmer darstellen. Die Oberfläche des Grundwassers wird in Abhängigkeit
von dem (meist geringen) Grundwassergefälle und der Geländemorphologie in unterschiedlichen
Tiefen angetroffen.
In den Jahren 1928 bis 1935 kam es durch den Bau des Mittellandkanals zu einem erheblichen
Eingriff in den Wasserhaushalt des Gebietes. Ab 1945 im Zuge der Industrialisierung der
Landwirtschaft wurde dann noch intensiver entwässert und das Wasser z.T. über Schöpfwerke
abgepumpt, wobei durch die ehemalige innerdeutsche Grenze der Drömling über 40 Jahre
eine zweigeteilte landwirtschaftliche Entwicklung durchlaufen hat. Kennzeichnend dafür
sind die im niedersächsischen Drömling dominierenden kleinteiligen Gründlandstrukturen
sowie die im sachsen-anhaltinischen Drömling größeren landwirtschaftlichen Flächen.
Durch die besondere Lage, der geringen Besiedlung und den unterschiedlichen intensiven
Entwässerungen konnte sich im Vergleich zu anderen Gebieten eine vielfältige Landschaftsstruktur
erhalten. Das Landschaftsbild wird beherrscht von Wiesen und Weiden, Äckern, Waldgebieten,
Hecken und Flurgehölzen sowie von Moordammkulturen, Gräben und Kanälen.
Der Verein führt seit 1999 in zwei verschiedenen Gebieten (Kiefholz- und Streitwiesen)
Grundwassermessungen durch. Diese Daten zeigen wichtige Schüsselfaktoren auf und der
Verein möchte diese Angaben Interessierten zur Verfügung stellen. Zur kurzen Erklärung
der grundlegenden Punkten soll Abb.: 1 dienen. Der Flurabstand wird als lotrechter
Höhenunterschied zwischen der Geländeoberkante und der Grundwasseroberfläche definiert.
Abb. 1. Schema der Grundwassermessung
Auf den Flächen ist eine unterschiedliche Anzahl dieser Pegelrohre
verteilt, auf den Kiefholzwiesen befindet sich außerdem ein sogenannter Lattenpegel.
In der obigen Zeichnung wird der Abstand der mit 1 bzw. 3 bezeichnet ist, im wöchentlichen
Rhythmus mit Hilfe eines handelsüblichen Zollstock abgelesen, der Abstand 2 ist eine
feste Größe und für jeden Pegel bekannt.
Abb. 2. Pegelrohre auf den Streitwiesen
Die Kenntnis der Flurabstände ermöglicht des weiteren eine
Einschätzung, an welchen Standorten das Grundwasser Einfluss auf die Vegetation hat.
Der Einfluss des Grundwassers auf die Vegetation hängt unter anderem von der
Durchwurzelungstiefe der einzelnen Pflanze und je nach Bodenart, vom kapillaren
Aufstiegsvermögen des Grundwassers ab. Der Grenzflurabstand, bei dem Grundwasser
bis zu einem gewissen Grad für Pflanzen nutzbar sein kann, ist sehr unterschiedlich.
Die Vegetation der Feuchtgebiete ist in ihrem Wasserbedarf meist auf das Grundwasser
angewiesen und benötigt einen Flurabstand von weniger als 50 cm, diese sind für
den Biotop- und Artenschutz potentiell wertvolle Flächen.
Einen Überblick über den Verlauf der Flurabstände in den Jahren 1999 und 2000 zeigt
die folgende Abbildung. In der Grafik sind die Minimum- bzw. Maximum-Werte der
verschiedenen Gebiete aufgetragen. Die im Rahmen des Pflege- und Entwicklungsplanes
„Niedersächsische Drömling“ diskutierten Zielwasserstände für Nassgrünland sind
zum Vergleich ebenfalls aufgeführt.
Abb. 3. Verlauf der Flurabstände auf den Kiefholzwiesen (KIW) und Streitwiesen (STW)
Zielwasserstand 1 und 2 bedeuten, das dieser in der Bewirtschaftungszeit
zwischen 30 – 50 cm unter Flur betragen soll. Der maximal mögliche Überstau von 30 cm
wurde in beiden Jahren nicht erreicht, dieser soll nach den Diskutieren Zielwasserständen
auch nur bis Ende April möglich sein. Die nachstehende Grafik zeigt den Wasserstand
in einem Rimpau-Graben im Verlauf der Jahre 1999 und 2000. Bei diesen Gräben ist zu
berücksichtigen, das sie nicht Bestandteil des Vorflugsystems sind. Ziel im Gelände
sollte es sein, das diese Gräben nicht austrocknen.
Abb. 4. Lattenpegelmessung an einem Rimpau-Graben auf den Kiefholzwiesen
Die Grundwasserstände sind im ländlichen Gebiet des Drömlings
in vielfältiger Weise künstlich beeinflusst. Bis zum Ende des letzten Jahrhunderts
unterlag der Grundwasserstand weitgehend nur den durch die Niederschläge hervorgerufenen
natürlichen jahreszeitlichen Schwankungen. Ab 1890 bis zum Zweiten Weltkrieg prägten
dann der steigende Wasserverbrauch der rasch wachsenden Stadt sowie Grundwasserhaltungen
das Grundwassergeschehen. Die ersten Grundwasserabsenkungen und damit die Vernichtung
von Feuchtgebieten im Drömling sind auf die Entwässerung von Sumpfgebieten im 18.
Jahrhundert zurückzuführen. Im 19. und 20. Jahrhundert wurden durch den Ausbau des
Mittellandkanals weitere Gebiete entwässert. Das Grundwasser wurde dann durch die
verstärkte Nutzung als Trink- und Brauchwasser, durch Wasserhaltungen bei Baumaßnahmen
sowie durch Einschränkung der Grundwasserneubildungsrate infolge der Versiegelung des
Bodens weiter abgesenkt. Mit Hilfe des Pflege- und Entwicklungsplanes „Niedersächsischer
Drömling“ sollen dieser Trend umgekehrt werden, so dass sich die verschiedenen, auf
Wasser angewiesenen Biotope wieder neu entwickeln können bzw. im Gebiet erhalten
bleiben.
Die langfristig angelegten Messungen des Grundwasserstandes sollen zur Beschaffung
von Grundlagendaten für die Entwicklung von optimalen Schutzprogrammen im Gebiet
dienen. Das Wasser ist ein entscheidender Lebensfaktor für Tiere und Pflanzen (z.B.
Sumpfdotterblume, Sumpfschrecke) und von besondere Bedeutung bei allen Planungen
im Gebiet. Die gewonnen Daten sollen eine flexible Bewirtschaftung des Feuchtgrünlandes
im Gelände gewährleisten, die statt Vorgabe starrer Nutzungsauflagen und Pflegekonzepte
schnelle Antworten auf landwirtschaftliche Erfordernisse (z.B. Mahdtermine) im
konkreten Einzelfall ermöglicht. Daher sollten auch in den nächsten Jahren die
Wasserstände vom Verein weiterhin beobachtet werden.